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Wandel

 

Gedanken zum Wandel in der Welt/Geschichte

 

 

Es ist so schwierig den Gedanken und den Druck auf dem Herzen fallen zu lassen, dass es zwingend nötig ist, ganz schnell ganz vieles zu verändern, damit nicht alles kollabiert (die Last des "Ich muss die Welt retten") - und dass dies vor allem mittels Verzicht und Einschränkung geschieht, so der gängige und demotivierende Terminus. Doch das ist es wohl genau nicht, was die Welt von uns Menschen braucht. Die Welt braucht von uns, dass wir nicht schnell machen und in blinden, mehr zerstörenden als dienenden Aktionismus verfallen – letztlich mit dem Zweck, uns von uns selbst ablenken zu können.

 

Das braucht die Welt nicht.

 

Weil die Erfahrung ist, dass wenn wir Dinge immer schneller MACHEN, immer mehr kaputtgeht und voneinander getrennt wird. Wir dürfen lernen,  „human being“  zu sein statt „human doing“. Und dieses human being beinhaltet wohl mehr als alles andere einen dienlichen und fürsorglichen Umgang mit der Welt. Weil wir den Bezug dazu herstellen, dass wir nur sind, weil die Erde ist, die Bäume sind, die Meere sind, die Bienen sind, die Käfer und Spinnen sind, die Vögel sind, die Schnecken sind, die Veilchen sind, die Spechte sind, die Vergissmeinnicht sind. Das ist, was wir begreifen müssen. Falsch. Ich für meinen Teil hab das schon begriffen - ich habe das rational in mein System integriert. Ich denke jeden Tag daran.  Was ich, was wir lernen sollten, ist die Fähigkeit des FÜHLENS von Leben und Sein. Die Integration nicht nur auf Kopfebene sondern auch tief in Herz und Seele vorzunehmen. Und dazu brauchen wir Zugang zu uns selbst und unseren Mitwesen und dazu ist es erforderlich, uns berührbar zu machen. Und dass das nicht durch einen Schalter geht, den mensch einfach umlegt, oder eine Pille, die mensch nimmt - das merke ich. Ich merke, dass es ein langer Prozess ist. Sowohl in meinem individuellen Leben als auch bei den Menschen, die diesen Planeten beleben. Wandel im kollektiven Lernen, mit dem Meilenstein eines Bewusstseinswandels zur Folge, braucht wohl immer einen sehr  langen Atem.

 

 

Schaut euch Erich Fromm an. Was sagte er in den 70er Jahren des letzten Jahrtausends? Genau das Gleiche nur in anderen Worten wie Charles Eisenstein es heute tut. Viele Menschen haben die Erzählung einer neuen Denk- und Fühlweise gegenüber der Welt schon rational bearbeitet, durchgearbeitet und ausgesprochen. Hier die Beispiele dieser beiden Menschen:

 

 

Zitat Fromm (Jahr 1979):

 

„Die Fukntion der neuen Gesellschaft ist es, die Entstehung eines neuen Menschen zu fördern, dessen Charakterstruktur folgende Züge aufweist: (…)

 

- uns eins zu fühlen mit allem Lebendigen und daher das Ziel aufzugeben, die Natur zu erobern, zu unterwerfen, sie auszubeuten, zu vergewaltigen und zu zerstören, und stattdessen zu versuchen, sie zu verstehen und mit ihr zu kooperieren (…)

 

- Liebe und Ehrfurcht vor dem Leben in allen seinen Manifestationen zu empfinden, und sich bewusst zu sein, dass weder Dinge noch Macht, noch alles Tote heilig sind, sondern das Leben und alles, was dessen Wachstum fördert(…)

 

- was auch immer der entfernteste Punkt sein mag, den uns das Schicksal zu erreichen gestattet – glücklich zu sein in diesem Prozess stetig wachsender Lebendigkeit, denn so bewusst und intensiv beleben, wie man kann, ist so befriedigend, dass die Sorge darüber, was man erreichen oder nicht erreichen könnte, gar nicht erst aufkommt.“

 

 

Aus: Haben oder Sein – S. S.206-209

 

 

Zitat Eisenstein (Jahr 2013 – und jetzt andauernd):

 

„Ich will sie (Anm. Autorin: die neue Geschichte der Menschen), die  >>Geschichte des Interseins<<, von der wechselseitigen Verbundenheit nennen, die >>Geschichte vom Zeitalter der Wiedervereinigung<<, (…), von der Welt des Geschenks. Sie gibt völlig andere Antworten auf die entscheidenden Lebensfragen.(…)

 

- Mein Sein ist Teil deines Seins und jenes aller anderen Lebewesen. Das geht über wechselseitige Abhängigkeiten hinaus – unsere Existenz selbst steht miteinander in Beziehung.

 

- Daher gilt: Was wir anderen antun, tun wir uns selbst an. (…)

 

- Es ist vorgesehen, dass sich die Menschheit der Gemeinschaft allen Lebens auf Erden vollkommen anschließt und dass wir die Fähigkeiten, die uns als Menschen zu eigen sind, dem Wohl und der Entwicklung des Ganzen zur Verfügung stellen.“

 

 

Aus: Die schönere Welt, die unser Herz kennt, ist möglich – S. 29-30

 

 

Was fühlst du, wenn du das liest?! Klingt etwas in dir an?

 

Dann sind wir etwas gemeinsam.

 

 

Und wenn ich von dem langen Atem spreche, dann meine ich:

 

Der Wandel wirkt erst in den einzelnen, dann so nach und nach in kleinen Gruppen, dann erst in Gesellschaften, dann erst in Staaten oder Zivilisationen und gelingt vielleicht nur, WEIL sie es schaffen irgendwann zu zerfallen, um etwas Neuem Platz zu machen. Zum Schluss/Neubeginn ist der Wande alles umfassend, alles einbeziehend?!

 

 

Langer Atem.

Geduld.

Zuwendung.

Fürsorge.

 

 

Und Eisenstein meint:

 

„Wir sind bislang noch nicht bereit für eine solche Geschichte, weil das Gewebe der alten (Anm. der Autorin: der „Geschichte der Separation“), wenn auch stellenweise zerfetzt, noch zu großen Teilen intakt ist. Und selbst wenn diese einreißen, werden wir den Raum zwischen den Geschichten immer noch nackt durchqueren müssen. In den turbulenten Zeiten, die auf uns zukommen, werden die uns bekannten Handlungs-, Denk- und Seinsweisen nicht mehr sinnvoll erscheinen. Wir werden nicht mehr wissen, was geschieht, was das alles zu bedeuten hat, und manchmal nicht einmal, was wirklich ist. Manche Menschen sind bereits in diese Phase eingetreten.“  - S.26

 

 

Ich fühle mich aktuell an der Schwelle zu diesem Raum. Und ich nehme dich gerne mit, denn es fühlt sich gar nicht so schlecht an. Ich freunde mich gerade intensiv damit an, den Widerspruch auszuhalten, dass ich, als human being, ein zugleich ohnmächtig, begrenztes und nichtwissendes, wie schöpferisch und wirkmächtiges Wesen bin. Denn Widersprüche sind meine Leidenschaft.

 

Dieses Phänomen erlebte und nahm ich auf auf der Insel Amrum, Anfang März 2021
Dieses Phänomen erlebte und nahm ich auf auf der Insel Amrum, Anfang März 2021

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